Online Status
nicht besetzt
Indikation
Ein Visus von 0,1 oder kleiner begründet in der Regel eine
medizinische Indikation für die Versorgung mit einem Bild-
schirmlesegerät.
Bei Behinderungen, wie z.B. Nystagmus oder Gesichtsfeldaus-
fall, die zur Visusminderung hinzukommen, kann auch bei
einem besseren Visus ein Bildschirmlesegerät in Frage kom-men.
Sehbehinderung kann z.B. eintreten durch:
- Hochgradige Myopie mit degenerativer Veränderung der Netz-
haut (wobei Brillenanpassung zuvor versucht worden sein
muß),
- Maculadegeneration,
- Opticus-Atrophien,
- tapetoretinale Degeneration, wie z.B. Retinopathia pigmen-
tosa,
- Retinopathien anderer Genese (auch als diabetische Folge-
schäden),
- Trübung der brechenden Medien, soweit keine Indikation für
eine Operation gegeben ist,
- angeborene Erkrankung (z.B. Albinismus, Nystagmus).
Die Versorgung mit einem Bildschirmlesegerät zu Lasten der
GKV ist nur möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt
sind:
a)
Die bisherigen Lesegewohnheiten (häufiges Lesen) erfordern wegen einer hochgradigen Sehbehinderung die Ausstattung mit einem Bildschirmlesegerät.
- Grundsätzlich ist der Einsatz eines Bildschirmlesegerätes
zu erwägen, wenn ein Fehlsichtiger motiviert ist, auch
unter erschwerten Bedingungen sein Restsehvermögen zu nut-
zen. Dies setzt allerdings intensive Lesegewohnheiten des
Patienten voraus (z.B. Lesen der Tageszeitung, regelmäßi-
ges Lesen von Büchern). Der Anspruch eines Versicherten
auf Versorgung mit einem Bildschirmlesegerät hängt von
einem konkreten Bedürfnis ab und davon, inwieweit gerade
für den Versicherten ein nennenswerter und auch vertret-
barer Nutzen von dem Gerät zu erwarten ist.
- Das Bildschirmlesegerät muß für einen täglichen Gebrauch
bestimmt sein.
- Bei Versicherten in schulpflichtigem Alter können ohne
weitere Prüfungen starke Lesegewohnheiten unterstellt wer-
den.
- Eine Versorgung mit einem Bildschirmlesegerät scheidet
aus, wenn ein konkreter Bedarf nicht nachgewiesen wird
bzw. der Einsatz des Hilfsmittels nach Schilderung des
Versicherten nur in Randbereichen der allgemeinen Lebens-
führung (z.B. Lesen von Rechnungen, Kontoauszügen) er-
folgt. In diesem Fall widerspricht die Hilfsmittelversor-
gung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da Umfang und
Notwendigkeit des - teilweisen - Ausgleichs und die ent-
stehenden Kosten in keinem angemessenen Verhältnis ste-
hen (BSG, Urteil vom 16.12.1986 - 11 a RK 1/86 -, USK
87147). Das BSG hatte in einem weiteren Urteil vom
21.11.1991 - 3 RK 43/89 - (USK 9162) ausgeführt, daß dem
SGB V nicht entnommen werden kann, daß der Versicherte un-
ter gänzlicher Außerachtlassung des Verhältnisses von Nut-
zen und Kosten auch solche Hilfsmittel beanspruchen könn-
te, die die Behinderung nur in geringfügigem Maße auszu-
gleichen vermögen.
b)
Bei dem Versicherten muß eine hochgradige Sehbehinderung oder eine andere Grunderkrankung des Auges vorliegen, die eine Versorgung mit optisch vergrößernden Sehhilfen (wie z.B. Lupen, Lupenbrillen) nicht zuläßt.
- Mit anderen vergrößernden Sehhilfen, wie etwa Lupenbril-
len, lassen sich Vergrößerungen bis zu 8fach erzielen.
Eine Versorgung mit einem Bildschirmlesegerät würde das
Maß des Notwendigen (§ 12 Abs. 1 SGB V) übersteigen, wenn
lediglich eine Vergrößerung von weniger bis 8fach erfor-
derlich wäre und eine Anpassung einer Lupenbrille möglich
ist. In diesem Fall entspricht die Verordnung anderer
vergrößernder Sehhilfen dem Wirtschaftlichkeitsgebot.
Eine Versorgung mit einem Bildschirmlesegerät kann dann
in Betracht kommen, wenn dem Versicherten die Handhabung
eines Brillenlupensystems nicht möglich ist, weil der Ar-
beitsabstand nicht korrekt eingehalten werden kann.
- Bei der Verordnung vergrößernder Sehhilfen ist die Auswahl
des geeigneten Hilfsmittels wesentlich davon bestimmt,
welche Vergrößerung anhand der gerade noch lesbaren Text-
größe notwendig wird.
Eine Anpassung mit einem Brillenlupensystem kann bereits
daran scheitern, daß mit derartigen Hilfsmitteln nicht
der erforderliche Vergrößerungsgrad textlicher Vorlagen
erreicht werden kann.
c)
Der Versicherte muß die Fähigkeit besitzen, mit dem Bild-
schirmlesegerät umgehen zu können.
- Der Versicherte sollte die Möglichkeit haben, mehrere Ge-
räte zu testen, um ein für seine Gegebenheiten passendes
Gerät auszusuchen.
- Bei dieser Erprobung sollte auch die Lesefähigkeit und die
Fähigkeit geistiger Verarbeitung des Gelesenen berücksich-
tigt bzw. überprüft werden, die der Versicherte mit Hilfe
des Gerätes erlangt. Der Versicherte muß in der Lage sein,
Folgen mehrerer Worte und Satzteile fließend zu lesen und
den Sinn der Mitteilung zu erfassen und zu behalten. Ist
der Gebrauchsvorteil eines Bildschirmlsegerätes so stark
eingeschränkt (z.B. durch einen sehr großen Vergrößerungs-
grad textlicher Vorlagen, durch Bewegungseinschränkungen
der oberen Extremitäten), daß mit ihm kein wesentlicher
Behinderungsausgleich erreicht werden kann, so scheidet
eine Kostenübernahme aus (vgl. BSG, Urteil vom 21.11.1991
- 3 RK 43/89 -, USK 9162).
- Der Versicherte sollte in der Lage sein, das Hilfsmittel
zu handhaben und auch die Möglichkeiten, die es bietet,
auszuschöpfen.
- Vor der Kostenübernahme der Krankenkasse sollte dem Ver-
sicherten das Bildschirmlesegerät einige Wochen leihweise
überlassen werden, damit sich in der alltäglichen Anwen-
dung zeigt, ob das Gerät geeignet ist und auch genutzt
wird. Dies sollte vor der endgültigen Kostenübernahme
durch die Krankenkasse vom MDK begutachtet werden.