Ein Fernrohrsystem nach Galilei besteht aus einem Objektiv
mit sammelnder und einem Okular mit zerstreuender Wirkung und hat eine bis 2,3fache Vergrößerung. Dieses System ist auf einen "unendlichen" Arbeitsabstand eingestellt, so daß entfernt liegende Gegenstände unter einem entsprechend ver-größerten Sehwinkel erscheinen. Der Sehfelddurchmesser wird durch dieses System im Vergleich zu dem eines normalsich-tigen Auges eingeengt.
Durch zusätzliche Verwendung von Aufsteckgläsern kann das
System für die Nähe genutzt werden. Aufsteckgläser sind
Sammellinsen (Lupengläser), die objektseitig auf das System
aufgebracht (z.B. aufgeschraubt oder aufgesteckt) werden,
wodurch eine höhere Vergrößerung des Gesamtsystems unter
entsprechender Verringerung des Arbeitsabstandes erzielt
wird.
Durch Aufsteckgläser (bis zu 26,0 dpt) kann eine
Vergrößerung bis zu 12fach erreicht werden, wobei dann ein Arbeitsabstand von ca. 5 cm - 8 cm (abhängig vom System) eingehalten werden muß.
Durch Abschrauben des Aufsteckglases bzw. Austauschen der
Aufsteckgläser mit unterschiedlichen Dioptrienwerten können
verschiedene Arbeitsabstände und Vergrößerungen eingestellt
werden.
Die Gesamtvergrößerung des Systems (V) ist das Produkt aus
der Vergrößerung der Lupe (V(L)) (bzw. des Aufsteckglases)
und der des Fernrohres (V(L)):
V = V(L) x V(F)
Bei einem binokular angepaßten Galilei-System wird vor
beide Augen ein Fernrohrsystem (Galilei) in die Brille oder
in einen speziellen Systemträger eingearbeitet bzw. an der Brille befestigt. Fehlsichtigkeiten (z.B. Myopie oder Astigmatismus) können im System oder, sofern dieses auf das Brillenglas aufgekittet wird, durch das Brillenglas selbst berücksichtigt werden.
Die binokulare Anpassung für die Nähe ist nur im Ausnahme-fall, und in diesem nur mit Aufsteckgläsern bis zu einem begrenzten Dioptrienwert (etwa 5,0 dpt), möglich bzw. sinn-voll. Bei einem höheren Dioptrienwert des verwendeten Auf-steckglases müssen Konvergenzprismen eingesetzt werden, um ein binokulares Sehen zu erzielen. Da diese Versorgung sehr schwierig ist, sollte für die Nähe eine monokulare Versor-gung vorgezogen werden und bei Nahgebrauch vor dem System des schlechteren Auges ein Mattglas angebracht werden.
Code:
25.21.82.3000
Codesystem:
http://metadata.gerontonet.org/namingsystem/hilfsmittelnummer
Online Status
nicht besetzt
Indikation
Galilei-Systeme für die Ferne und Nähe, mit Lupenaufsteck-
gläsern können bei einer mittel- bis hochgradigen Sehbehin-
derung in Betracht kommen.
Sehbehinderung kann z.B. eintreten durch:
- Hochgradige Myopie mit degenerativer Veränderung der Netz-
haut, bei der zuvor eine ausreichende korrigierende Bril-
len- bzw. Kontaktlinsenanpassung versucht worden sein muß,
- Maculadegeneration,
- Opticus-Atrophien,
- tapetoretinale Degenerationen, wie z.B. Retinopathia pig-
mentosa,
- Retinopathien anderer Genese (auch als diabetische Folge-
schäden),
- Trübung der brechenden Medien, soweit keine Indikation für
eine Operation gegeben ist,
- angeborene Erkrankungen (z.B. Albinismus, Nystagmus).
Galilei-Systeme eignen sich als Versorgung für ältere Perso-
nen besser als Kepler-Systeme, da das System nach Galilei
einen größeren Sehfelddurchmesser und eine größere Tiefen-
schärfe als das nach Kepler bietet, und so im Nahbereich
das Lesegut nicht so extrem ruhig gehalten und auch der Ar-
beitsabstand nicht so exakt eingehalten werden muß. Eine ruhige Kopfhaltung muß dennoch gewährleistet sein.
Die Anpassung eines binokularen Systems ist der Ausnahme-
fall. Vor der Versorgung muß überprüft worden sein, daß der Patient binokulares Sehen mit der Sehhilfe erzielt. Der Nutzen dieser Versorgung im Sinne einer verbesserten Seh-fähigkeit muß gesichert sein.
Aus der Verordnung des Augenarztes müssen diese Angaben her-
vorgehen.